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Klavierunterricht in Berlin Prenzlauer Berg

 
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Philosophie

 

Gedanken zum Klavierunterricht

„Gib dem Hungrigen nicht einen Fisch, sondern lehre ihn zu fischen“.
Was könnte das angewandt auf die pianistische Ausbildung bedeuten? Das Ziel eines guten Lehrenden kann nicht allein darin bestehen, dass die Studenten eine gute Leistung bei Vortragsabenden, Konzerten, Prüfungen und Wettbewerben zeigen; aus meiner Sicht kommt es darauf an, dass sie nach dem Abschluss selbständige Interpreten mit starken technischen und musikalischen Fähigkeiten werden.

Wozu aber fordere ich meine Studenten heraus, wie kann ich sie leiten, entwickeln und inspirieren? Zu meiner Herangehensweise gehört, die zentrale Rolle des Notentextes in der abendländischen Musiktradition ernstzunehmen – Adorno sagt: “Die wahre Interpretation ist die vollkommene Nachahmung der musikalischen Schrift“. Es geht darum, in reflektierter Auseinandersetzung mit der interpretatorischen Tradition den Weg der Studenten von der Schrift zum Klang zu begleiten.

Dabei geht es um die Herausarbeitung unterschiedlicher Facetten des Musikalischen aus dem Notentext, mit Stichworten wie etwa der musikalischen Form, des Aufbaus, der Faktur, der Harmonik, des Grundgehaltes sowie praktisch betrachtet von Tempo, Rhythmus und Metrik, Artikulation, Klangfarbe und Pedalführung, um nur die wichtigsten zu erwähnen.

Als Lehrende nutze ich unterschiedliche Strategien, um den individuellen Bedürfnissen der Studenten gerecht zu werden. Manche brauchen eine analytische Auseinandersetzung mit der Frage, warum man ein Stück auf eine bestimmte Weise spielen sollte oder könnte, für andere wirken am besten bildliche, imaginative Assoziationen. Ausgehend von den unterschiedlichen Stärken und Schwächen der einzelnen Studierenden brauchen die einen eher solide technische Anleitung, ein „Training“, bei anderen muß man die musikalischen oder rhythmischen Fähigkeiten fördern. Mitentscheidend ist, für jeden Studierenden, im einzelnen Fall, eine effektive Form der Kommunikation der zu vermittelnden Inhalte zu entwickeln.

Meine Erfahrung zeigt, dass die besten Ergebnisse in einer Balance zwischen bildlich formulierten Annäherungen und ganz konkreten spieltechnischen Hinweisen erreicht werden – damit der musikalische Ausdruck möglichst sofort eingeübt wird. Am wichtigsten bleibt dabei „ was man sagen will“; die Mittel für den Ausdruck werden gesucht. Ich bin bestrebt, meinen Studenten konkrete Ziele zu stecken, die einerseits ansprechend und interessant genug sind und anderseits im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten bleiben – mit dem Ziel, daraus in der Folge positive und inhaltlich stimulierende Kritik ableiten zu können.

Grundsätzlich und primär ist es aus meiner Sicht für einen Musiker von Vorteil, umfassend und in unterschiedlichen musikalischen Stilen ausgebildet zu werden. Ich respektiere jedoch (auch aus eigener Erfahrung) Studenten, die genau wissen was sie wollen und schon relativ früh ihre musikalische Richtung gefunden haben. Die Entscheidung „was ich nun spiele“ muss der Student selbst treffen. Aufgabe des Lehrers ist anzuregen und die Umsetzung dieser Wahl zu unterstützen.

Es stimmt, dass „Übung den Meister macht“, aber offenbar nicht jede Übung. Es ist sehr wichtig, dass die Studenten klare Ziele haben und konzentriert und kreativ üben. In der englischsprachigen Literatur heißt das „liberating practice“. Ein strategisches, bewusstes Üben sollte zur Gewohnheit entwickelt werden. Gedächtnisprobleme oder Lampenfeber haben nämlich aus meiner Sicht nicht nur psychologische Gründe. Auch der Mangel an analytischer Kenntnis eines Stückes, verbunden mit einer rein motorischen, auf möglichst häufiger Wiederholungen aufgebauten Übungspraxis kann zu solchen Problemen führen.

Am Rande möchte ich erwähnen, daß ich selbst bei der fortgeschrittenen Arbeit an einem Stück Ton- oder Video-Aufnahmen verwende. Ich habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn es darum geht, „mich selbst zu hören“. Mit diesem Mittel lassen sich für mich einerseits Schwächen identifizieren und die eigene Präzision verbessern und es läßt sich anderseits Auftrittatmosphäre simulieren. Aus meiner eigenen Studioerfahrung heraus ließe sich dieser Faden noch weiter spinnen. Wenn jeder Student im Studium mindestens 60 bis 70 Minuten Musik unterschiedlicher Stile aufnähme und diese selbst editierte, wäre das meiner Ansicht nach eine perfekte Übung, um die Kritikfähigkeit gegenüber dem eigenen Spiel zu entwickeln.

Was die Konzertpraxis betrifft, ist mir die Reflexion der jeweils eigenen Erfahrungen durch die Studierenden sehr wichtig. Sie sollte in erster Linie die strukturelle (Tempo, Dynamik, Gebärdenspiel) und emotionale Kommunikation mit dem Publikum betreffen. Ziel ist dabei auch, einen Ausgleich zwischen technischer Kontrolle und emotionalem Engagement in der Musik zu finden. Die Erfahrung des Lehrers, in meinem Fall als Pianistin, fließt ein.

Heinrich Neuhaus äußerte, dass die Kunst des Klavierspiels weit über die Lösung technischer Probleme hinausreicht, daß es um das künstlerische Ganze geht. Diesem Credo der Ganzheitlichkeit versuche ich selbst gerecht zu werden und darauf möchte ich auch die Förderung der Persönlichkeit meiner Studenten ausrichten.

©2009